Wann tritt der Versicherungsfall bei "Rohrbruch" ein?

Gewährt ein Vertrag über eine Gebäudeversicherung Versicherungsschutz für den Fall des "Rohrbruchs", d. h. "für ein meist punktuelles Ereignis" (BGH, IBR 2017, 709), tritt der Versicherungsfall nicht erst mit Auftreten oder Sichtbarwerden durch den Rohrbruch hervorgerufener Wasserschäden ein, sondern bereits mit der Schädigung des Rohrs, die zum Wasseraustritt geführt hat. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass diese Schädigung schon vor Abschluss des Vertrags vorlag, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass der Versicherungsfall in den Haftungszeitraum fällt.*)

OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2018 - 5 U 4/18

VGB §§ 1, 4, 6; VVG § 1

Problem/Sachverhalt

Der Versicherungsnehmer (VN) und der Versicherer (VS) einer Wohngebäudeversicherung streiten um einen Rohrbruchschaden i.H.v. 5.831 Euro. Versicherungsbeginn war der 01.01.1975. Das Haus war bereits zuvor erbaut worden. Versicherte Gefahren sind "Leitungswasser, Rohrbruch und Frost" nach Maßgabe der dem Vertrag zu Grunde liegenden VGB. Diese lauten u. a.: "Der Versicherungsfall tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt." Am 03.01.2013 tritt Wasser in den Keller des Gebäudes ein. Der VN lässt den Schaden vom 07. bis 10.01.2013 und vor einer Besichtigung durch den VS beseitigen und behauptet einen Rohrbruch als Ursache. Das Rohr beseitigt er nach Besichtigung durch den Schadenregulierer. Der VS bestreitet einen Rohrbruchschaden. Der vom Schadenregulierer fotografierte Schaden am Rohr sei erst beim Aufstemmen des Fußbodens entstanden.

Entscheidung

Die Klage wird abgewiesen. Zwar liegt ein bedingungsgemäßer Rohrbruch vor, da das Rohr innerhalb des Bereichs zwischen den Fundamentmauern liegt (BGH, Urteil vom 25.03.1998 - IV ZR 137/97, IBRRS 2000, 0650) und nach dem Foto des Schadenregulierers ein Wandungsteil fehlt, was gemäß Schadenskatalog der DIN 1986-30 als Indiz eines Rohrbruchs anerkannt ist. Der Schaden am Rohr kann nicht beim Aufstemmen entstanden sein. Der VN hat jedoch nicht bewiesen, dass der Versicherungsfall in versicherter Zeit entstand. Ein Versicherungsfall tritt bereits dann ein, wenn sich die nach den Versicherungsbedingungen versicherte Gefahr realisiert hat (BGH, Urteil vom 26.03.1952 - II ZR 37/51), also nicht erst mit Eintritt des Schadens. Die Rohrbruchversicherung gewährt nach Maßgabe der Bedingungen Versicherungsschutz für den Fall des "Rohrbruchs" und damit "für ein meist punktuelles Ereignis". Der Versicherungsfall tritt bereits ein, wenn sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt, hier also bereits mit der Schädigung des Rohrs, die zum Wasseraustritt geführt hat. Der VN hat nicht bewiesen, dass die Schädigung des Rohrs erst nach Versicherungsbeginn entstand. Der gerichtliche Sachverständige führte aus, dass der von ihm festgestellte Rohrbruch bereits seit der Errichtung des Gebäudes bestand, jedoch Wasser erst 2013 austrat.

Praxishinweis

Der VN bleibt hier auf dem Schaden sitzen und hätte dies nicht vermeiden können. Niemand schließt eine Gebäudeversicherung vor der Errichtung seines Gebäudes ab. Ansprüche gegen den Installateur waren lange verjährt. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Einordnung des Rohrbruchs als ein "punktuelles" Ereignis hat der BGH erst kürzlich betont (IBR 2017, 709). Dass der Versicherungsfall in versicherter Zeit eingetreten sein und der VN dies beweisen muss, ist ein allgemeiner Grundsatz, der in der Rechtsprechung seit Langem anerkannt ist.

RA und FA für Bau- und Architekten- sowie Versicherungsrechtrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin