Bauherren-Ehepaar trennt sich: Wie muss der Klageantrag lauten?
Schließt ein Ehepaar mit einem Bauunternehmer einen Bauvertrag ab, kann jeder der beiden Bauherren allein klagen, muss jedoch grundsätzlich Leistung an alle Gläubiger fordern, da es sich um eine unteilbare Leistung gem. § 432 BGB handelt.
LG Lübeck, Urteil vom 24.09.2021 - 6 O 243/20
BGB § 432
Problem/Sachverhalt
Ein Ehepaar (E 1 und 2) beauftragt ein Bauunternehmen (U) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses zum Preis von 241.000 Euro. Während der Ausführung des Bauvorhabens kommt es zu Streitigkeiten u. a. wegen angeblichen Bauverzugs zwischen E 1 und 2 und U. Auch zwischen E 1 und 2 gibt es Streit. E 2 trennt sich von E 1 und hält sich vor ihm versteckt. Gemeinsame Entscheidungen gibt es nicht mehr. U kann das Bauvorhaben nicht fertig stellen, da es z. B. keine gemeinsame Bemusterung der Treppe gibt. E 1 verklagt U auf Schadensersatz. Er beantragt Zahlung an sich selbst. Auf Hinweis des Gerichts beantragt er Zahlung auf ein angeblich gemeinsames Konto mit E 2. U hat von E 2 jedoch die Information erhalten, dass sie auf dieses Konto nicht mehr zugreifen kann.
Entscheidung
Das Landgericht weist die Klage ab. Das Landgericht prüft die Bauverzugsschäden, muss aber nicht darüber entscheiden. E 1 ist mit dem von ihm schließlich gestellten Klageantrag nicht aktivlegitimiert. E 1 und 2 sind gemeinsam Gläubiger der Ansprüche aus dem Bauvertrag. Damit sind diese Ansprüche im Sinne einer gemeinschaftlichen Gläubigerschaft gem. § 432 BGB auf eine unteilbare Leistung gerichtet. Also kann der Gläubiger, der den Anspruch allein geltend macht, grundsätzlich nur Leistung an alle Gläubiger fordern (BGHZ 94, 117 ff.). E 1 hat keine Zahlung an sich und E 2 gemeinsam beantragt. Er hat zudem nicht die Hinterlegung des geforderten Betrags gem. § 432 Abs. 1 Satz 2 BGB beantragt. Er hat E 2 nicht einmal als Mitgläubigerin benannt. Er kann ja noch nicht einmal die Anschrift der von ihm getrennt lebenden E 2 mitteilen. Es ist streitig, ob seine Ehefrau über das Konto, auf das er Zahlung verlangt, mitverfügen kann. Die Einzahlung auf ein solches Konto wäre auch keine Hinterlegung i.S.d. § 372 BGB. E 1 hat schließlich nicht vorgetragen, anstelle der Hinterlegung bei einer öffentlichen Stelle mit seiner Frau die Zahlung auf das streitgegenständliche Konto vereinbart zu haben.
Praxishinweis
Der Sachverhalt ist kein Einzelfall. Die Bau- und Materialpreise steigen immer weiter. Aufgrund der inzwischen enormen Preise für einen Bau haben viele Bauherren keine Rücklagen mehr und geraten auch miteinander in Streit, wenn es zu Mängel- oder Zeitproblemen kommt. Wenn dann nur einer der Bauherren klagen will oder kann, muss der Anwalt des Bauherrn darauf achten, dass er einen Antrag formuliert, der berücksichtigt, dass die Bauherren Mitgläubiger einer unteilbaren Leistung i.S.d. § 432 BGB sind. Das Landgericht hat die verschiedenen Möglichkeiten dafür aufgezeigt. Eine Gesamtgläubigerschaft liegt in solchen Fällen auch dann nicht vor, wenn die Forderung auf Geld oder einen an sich teilbaren Gegenstand gerichtet ist, da im Innenverhältnis zwischen den Bauherren eine Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft besteht und also nur eine gemeinsame Empfangszuständigkeit besteht und auch auf diese Fälle § 432 BGB anzuwenden ist.
RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin