Sachverhalt
Der Auftraggeber beauftragt einen Architekten. Der Architekt erbringt einen Teil seines Werkes. Dann kündigt der AG. Der Architekt stellt Schlussrechnung und klagt diese ein. Nach Einholung eines Gutachtens zu der Schlussrechnung durch das Landgericht stellt der Kläger eine neue Schlussrechnung, welche u.a. die Feststellungen des Sachverständigen und erstmals einen Zuschlag für die mitverarbeitete Bausubstanz berücksichtigt. Der Auftraggeber rügt die mangelnde Prüfbarkeit der neuen Rechnung.

Entscheidung:
Das OLG entscheidet wie aus den Leitsätzen ersichtlich. Streitgegenständlich ist die neue Schlussrechnung. Mit ihr liegt keine Klageänderung, sondern lediglich eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vor. Der Streitgegenstand einer Werklohnklage ändert sich nicht dadurch, dass eine neue Schlussrechnung vorgelegt wird (BGH IBR 2003, 705; 2002, 581; OLG Hamm BauR 2008, 2077). Das OLG führt dann wie aus dem 2. Leitsatz ersichtlich aus. Das Gericht hält die Schlussrechnung zudem für prüffähig, so dass es über die Anwendung der Rechtsprechung des BGH zum Ausschluss des Einwandes mangelnder Prüffähigkeit (IBR 2004, 79) nach Ablauf zweier Monate nach Zugang der Rechnung nicht entscheiden muss.

Praxishinweis
Das ausführliche und auch im übrigen lesenswerte Urteil bestätigt: Verspätung der Vorlage der neuen Rechnung (§§ 296, 530 ZPO) scheidet sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz aus. Die prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften sollen eine Partei anhalten, zu einem bereits vorliegenden Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen. Sie haben nicht den Zweck, auf eine beschleunigte Schaffung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hinzuwirken. Die in erster Instanz wegen mangelnder Fälligkeit (Prüfbarkeit) abgewiesene Klage kann noch in der Berufungsinstanz mit einer neu erstellten prüfbaren Rechnung gewonnen werden.


Die Frage, ob die (dogmatisch fragwürdige, s. Schmidt, BauR 2004, 1823 f., aber vom BGH mit Urteil vom 22.4.2010 – VII ZR 48/07 erneut bestätigte) Zweimonatsfrist zur Rüge der mangelnden Prüffähigkeit der neuen Rechnung bereits abgelaufen war, musste das Gericht nicht entscheiden. Nach dem OLG Düsseldorf (IBR 2009, 657) setzt eine im Prozess modifizierte, korrigierte oder ergänzte Schlussrechnung keine neue Prüfungsfrist in Gang. Jedenfalls für eine neue Schlussrechnung gilt dies m.E. nicht. Die Frist für die Rüge der Prüffähigkeit kann erst zu laufen beginnen, wenn die Rechnung vorliegt. Also ist dem Architekten zu raten, keine neue, sondern lediglich eine korrigierte Rechnung vorzulegen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Versicherungsrecht Prof. Dr. Jörg Schmidt, Schwerin