Wer muss beweisen, dass innerhalb versicherter Zeit eingebrochen wurde?
Der Versicherungsnehmer trägt die volle Beweislast dafür, dass ein Einbruch innerhalb versicherter Zeit erfolgt ist. Hierfür reicht es nicht, dass der Diebstahl unmittelbar nach Versicherungsbeginn entdeckt wird.*)
OLG Dresden, Beschluss vom 08.05.2019 - 4 U 1759/18
AURB § 1; ZPO § 287
Problem/Sachverhalt
Der Versicherungsnehmer (VN) schließt beim Versicherer (VS) zum 01.01.2018 eine Diebstahl- und Raubversicherung ab. Irgendwann zwischen dem 29.12.2017 und dem 04.01.2018 wird in das Gebäude eingebrochen und es wird Hausrat gestohlen. Der VN verlangt vom VS Ersatz des Schadens i.H.v. 5.209,97 Euro. Der VS lehnt ab.
Entscheidung
Der VN scheitert auch beim OLG. Der VN trägt die Beweislast sowohl für den Einbruchdiebstahl als auch dafür, dass dieser in versicherter Zeit erfolgt ist. Der VN kann zwar auch ohne seine Anhörung einen Einbruchdiebstahl beweisen, nicht jedoch, dass er innerhalb versicherter Zeit stattfand. Denn nach den eigenen Angaben des VN bei der Polizei geschah der Einbruch zwischen dem 29.12.2017 und dem 04.01.2018 - also möglicherweise vor dem Versicherungsbeginn am 01.01.2018. Zudem hatte der VN den behaupteten Wert der entwendeten Gegenstände nicht schlüssig dargelegt und trotz Hinweisen auch des Berufungsgerichts und selbst bei Annahme einer schlüssigen Darstellung keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die dem Gericht eine Schätzung nach § 287 ZPO erlaubt hätten. Die Angaben des VN im Rahmen des Rechtsstreits waren widersprüchlich.
Praxishinweis
Im Falle von Einbruchdiebstählen gibt es diverse Beweiserleichterungen für den VN. Denn Einbruchdiebstähle spielen sich meist im Verborgenen ab, weshalb Tatzeugen fehlen. Deshalb muss der VN nur eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den versicherten Diebstahl beweisen. Wenn dem VN keine Beweismittel für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines versicherten Diebstahls zur Verfügung stehen, kann ein Gericht die hinreichende Wahrscheinlichkeit entsprechend § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch auf die schlüssigen Behauptungen des VN stützen, sofern der anzuhörende VN hinreichend glaubwürdig ist. Dafür spricht die Redlichkeitsvermutung, also die Vermutung, dass Versicherungsnehmer redlich sind. Auch zu Gunsten des VS gibt es eine Beweiserleichterung: Nach ständiger Rechtsprechung muss er in dem Fall, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den versicherten Diebstahl besteht, nur eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür dartun, dass die versicherte Entwendung nicht stattgefunden, in der Regel also, dass der VN die Entwendung vorgetäuscht hat. Die Redlichkeitsvermutung entfällt, wenn sich aus unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen ergibt, dass schwer wiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der behaupteten Entwendung bestehen. Immer aber muss der VN beweisen, dass der Diebstahl innerhalb versicherter Zeit stattfand. Und immer muss der VN seinen Schaden schlüssig darlegen und beweisen. Dafür sollte sich der VN mit den Versicherungsbedingungen beschäftigen. Ist z. B. nur der Zeitwert versichert, kann auch nur dieser geltend gemacht werden. In der Regel ist allerdings der Neuwert versichert. Dann ist wiederum die sog. Neuwertspitze zu berücksichtigen (s. z. B. OLG Dresden, IBR 2018, 1078 - nur online; LG München I, IBR 2018, 594). Der VN muss große Sorgfalt schon bei der Strafanzeige, erst recht bei der Schadensanzeige an die Versicherung walten lassen. Widersprüche sollten vermieden werden.
RA und FA für Bau- und Architekten- sowie Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin