Betriebshaftpflichtversicherung: Mangelschäden gedeckt?
1. Ist in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu einer Betriebshaftpflichtversicherung vereinbart, dass sich der Versicherungsschutz auch auf solche Schäden erstreckt, die als Folge eines mangelhaften Werks auftreten, ist dieser Wiedereinschluss wohl nicht auf Mangelfolgeschäden im Sinne des BGB beschränkt.*)
2. Einer daran anschließenden Bestimmung, wonach in keinem Fall die Kosten für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst gedeckt sind, kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer aber jedenfalls entnehmen, dass damit kein Versicherungsschutz für solche Vermögensschäden besteht, die bereits mit der Erbringung der mangelhaften Werkleistung selbst im Vermögen des Bestellers eingetreten sind.*)
3. Errichtet ein Bauunternehmer in mehreren selbständigen Wohneinheiten jeweils unzureichend abgedichtete Sanitäranlagen, sind die Kosten für die Instandsetzung dieser Anlagen deshalb jedenfalls für diejenigen Wohneinheiten nicht vom Versicherungsschutz umfasst, in denen es nicht zu einem Nässeschaden gekommen ist.*)
OLG Hamm, Beschluss vom 28.01.2021 – 20 U 215/20
Nr. 1.2 AHB, Nr. 9.14 besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen WÜBA Plus Haftpflichtbau
Problem/Sachverhalt
Ein Sanitärunternehmen (U) begehrt von seinem Betriebshaftpflichtversicherer (VS) Deckung für die Instandsetzung von ihm unzureichend abgedichteter Sanitäranlagen, und zwar lediglich für die Wohneinheiten, in denen es nicht zu einem Nässeschaden gekommen ist.
Entscheidung
Das OLG entscheidet wie aus den Leitsätzen ersichtlich. Gem. Nr. 1.2 der Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB) besteht kein Versicherungsschutz für Ansprüche auf Erfüllung und Nacherfüllung aus Verträgen. Gem. Nr. 7.8 AHB sind Ansprüche ausgeschlossen, die wegen Schäden an vom U hergestellten Sachen infolge einer in der Herstellung liegenden Ursache und wegen daraus resultierender Vermögensschäden gegen den U geltend gemacht werden. Dieser Ausschluss gilt auch dann, wenn ein Dritter im Auftrag des U tätig geworden ist. Zwar gibt es den Wiedereinschluss in Nr. 9.1.4 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen, ein durchschnittlicher Bauunternehmer wird diese Regelung jedoch so verstehen, dass keine Deckung für Vermögensschäden besteht, die bereits mit der Erbringung der mangelhaften Leistung selbst im Vermögen des Auftraggebers eingetreten sind. Also sind Nachbesserungsansprüche Dritter gegen U wegen der mangelhaften Sanitärabdichtungen in den Wohneinheiten nicht vom Wiedereinschluss erfasst. Das Werk war von Beginn an mangelhaft. Wenn der Bauunternehmer nun auf Nachbesserung in denjenigen Wohneinheiten, in denen es nicht zu einem Nässeschaden gekommen ist, in Anspruch genommen wird, geht es ausschließlich um die Beseitigung des ursprünglich von ihm gesetzten Mangelschadens. Dieser Mangelschaden ist im Vermögen des Bestellers bereits mit der Erbringung der Werkleistung selbst eingetreten. Zwar kann ein wieder eingeschlossener Folgeschaden auch vorliegen, wenn ein Generalunternehmer für mehrere Gewerke zuständig ist und die mangelhafte Erbringung eines Gewerkes zu einem Folgeschaden an einem anderen, ebenfalls in der Zuständigkeit dieses Generalunternehmers liegenden Werk verursacht oder wenn eine bestimmte Maßnahme gleichzeitig zur Beseitigung eines nicht versicherten Werkmangels und zur Behebung eines versicherten Folgeschadens dient, sich beides also nicht trennen lässt, eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.
Praxishinweis
Betriebshaftpflichtversicherungen decken nach den gängigen Versicherungsbedingungen nicht Mangel- oder Nacherfüllungsschäden, sondern allenfalls Folgeschäden. Die Berufshaftpflichtversicherungen der Architekten/ Ingenieure hingegen decken - insolvenzfest - auch die durch die Mängel des Werkes des Architekten/Ingenieurs entstandenen Schäden. Das ist einer der Gründe, weshalb Auftraggeber eher Architekten/Ingenieure in Regress nehmen.
gez. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau-, Architekten- und Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin