Wer haftet für Fehler eines Dritten beim Anschlagen der Last?

1. Verfügt ein Kranfahrzeug über getrennte Antriebe für die Fortbewegung und die Kranfunktion und ereignet sich beim Bewegen der Last mit dem Kranarm ein Unfall, währenddessen das Fahrzeug abgestellt ist und der Kranführer keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Fortbewegungsfunktion hat, so ist der dabei entstehende Schaden nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG eingetreten.*)
2. Wird nur die Überlassung des Krans mitsamt geeignetem Personal geschuldet, wird nur für Bedienfehler des Krans gehaftet, nicht jedoch für Fehler eines Dritten beim Anschlagen der Last.*)
3. Wer einen Verrichtungsgehilfen zum Anschlagen der Last abstellt, haftet im Falle eines Schadenseintritts aufgrund dessen Fehlers wegen eines Auswahlverschuldens, wenn er weder darlegt noch nachweisen kann, dass der Verrichtungsgehilfe entweder aufgrund seiner beruflichen Qualifikation oder aufgrund von Schulungen ausreichende Kenntnisse für die Durchführung derartiger gefahrgeneigter Tätigkeiten hat.*)

OLG Stuttgart, Urteil vom 18.06.2025 - 3 U 91/24

BGB § 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

A vermietet eine Zugmaschine an eine Spedition. Diese transportiert einen Druckluftwasserkessel zu einer Baustelle. B bedient für seinen Arbeitgeber C, den Halter eines Autokrans, denselben bei mit ausgefahrenen Stützfüßen abgestellter Zugmaschine. Ein Mitarbeiter der Firma D schlägt den Kessel am Kettenhaken an. Während des Hebevorgangs löst sich der Kessel und beschädigt den Sattelauflieger. A verklagt B (Kranführer), C (Halter des Autokrans), D (Arbeitgeber des "Anschlägers") und die Haftpflichtversicherung des Autokrans auf Schadensersatz.

Entscheidung

Das OLG verurteilt allein D zur Zahlung von 18.961,76 Euro nebst Nebenforderungen mit den aus den Leitsätzen ersichtlichen Begründungen. Das OLG entscheidet, dass C und die Haftpflichtversicherung des Autokrans nicht nach der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung (§§ 7, 17 StVG; § 115 Abs. 1 VVG; § 1 PflVG) haften. Dabei ist es unerheblich, ob sich der Unfall auf einer Baustelle außerhalb des öffentlichen Straßenraums ereignete, da das StVG keine Eingrenzung auf den öffentlichen Verkehrsraum kennt. Der Unfall ereignete sich jedoch nicht "beim Betrieb" des Kraftfahrzeugs (Kfz). Zwar setzt der Betrieb des Kfz nicht das Einschalten seines Motors voraus, jedoch muss bei einem Kfz mit Arbeitsfunktionen die Fortbewegungs- und Transportfunktion noch eine Rolle spielen, das Kfz darf nicht nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt werden. Das war hier aber der Fall. B und C haften mangels Verschuldens auch nicht gem. § 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 VVG. Ursache des Absturzes war nach dem eindeutigen Ergebnis der Beweisaufnahme ein Herausrutschen des Kettenhakens aus der Aufnahmeöse infolge unsachgemäßen Anschlagens durch den Mitarbeiter des D. Also haftet D gem. § 823 Abs. 1, § 831 BGB. Er hat den Entlastungsbeweis gem. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht geführt.

Praxishinweis

In versicherungsrechtlicher Hinsicht verdeutlicht die lesenswerte Entscheidung, dass für die straßenverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung der Schadensablauf durch den "Betrieb" des Kraftfahrzeugs geprägt sein muss (z.B. BGH, Urteil vom 18.07.2023 - VI ZR 16/23, Rz. 13, IBRRS 2023, 2792). Die Frage, wann haftungsrechtlich nur noch die Funktion als Arbeitsmaschine infrage steht, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen. Das OLG führt aus, dass eine haftungsbegründende Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug vorliegen kann, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin