Anscheinsbeweis für Brandursache nach Dachdeckerarbeiten?

Ein Anscheinsbeweis kann in den Fällen eingreifen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist; das gilt grundsätzlich auch bei der Feststellung von Brandursachen.

LG Kiel, Urteil vom 24.02.2021 - 5 O 300/19

BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, §§ 823831; VVG § 86 Abs. 1 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Ein Versicherer (V) regressiert bei einem Dachdecker wegen eines Brandschadens i.H.v. 171.946,95 Euro. Der Dachdecker verlegt auf dem Anbau eines Bürobaus mit Hilfe eines Bunsenbrenners bis 14.30 Uhr Bitumenbahnen. Dann räumen die Dachdecker die Baustelle bis 15.30 Uhr auf, stellen keine Brandentwicklung fest und verlassen die Baustelle. Gegen 16.00 Uhr kontrolliert ein seit über 20 Jahren für den Dachdecker tätiger, zuverlässiger Dachklempner noch einmal alles. Er kann nichts feststellen. Gegen 16.40 Uhr wird ein Brand gemeldet. In dem im Bau befindlichen Anbau wurden die Räume zum Teil, im damit verbundenen Altbauteil normal genutzt. Es erscheint kein Brandermittler. Der genaue Brandherd ist nicht festgestellt. Es gibt widersprüchliche Aussagen einzelner Polizisten und Feuerwehrleute. Es steht nicht einmal fest, ob der Brand im Neu- oder Altbau entstand. In Betracht kommen als Ursache u. a. eine Klimaanlage, die Nutzung elektrischer Geräte, z. B. eines Wasserkochers, durch andere Bauleute und dass auf dem Balkon Mitarbeiter des Eigentümers rauchten.

Entscheidung

Das Landgericht weist die Klage ab. Der Geschädigte hat die haftungsbegründende Kausalität, also die Ursächlichkeit zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden, zu beweisen (BGH NJW 2009, 3787 Rz. 33). V führt nicht den Vollbeweis. Zum Anscheinsbeweis entscheidet das Gericht wie aus dem Leitsatz ersichtlich. Dieser Schluss setzt eine Typizität des Geschehensablaufs voraus, der Kausalverlauf muss so häufig vorkommen, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falls sehr groß ist. Dafür kann es ausreichen, dass der Geschädigte einen typischen Lebenssachverhalt vorträgt, wonach es nach dem Hantieren mit einem feuergefährdeten Gegenstand in einer extrem brandgefährdeten Umgebung zur Entwicklung offenen Feuers gekommen ist, in dessen unmittelbarer zeitlicher Folge ein Brand ausgebrochen ist, und dass konkrete Anhaltspunkte für eine andere Brandursache (als vorliegend die Schweißarbeiten) fehlen. Werden feuergefährliche Arbeiten vorgenommen und besteht ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, so ist ein weiterer Vortrag des Geschädigten für das Eingreifen der Grundsätze über den Anscheinsbeweis nicht erforderlich. Hier fehlt hinreichender Vortrag zu einem räumlichen Zusammenhang zwischen den Arbeiten und dem Brand. Die bloße Vermutung des V, die Schweißarbeiten seien für den Brand ursächlich gewesen, reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises nicht aus. Möglich ist eine andere Ursache. Der Mitarbeiter, der noch einmal alles kontrollierte, war eine gut eingewiesene und zuverlässige Person im Sinne der DGUV.

Praxishinweis

Ein typischer Geschehensablauf kann darin liegen, dass bei einer Kondensatbildung an der Innenseite hochwertiger, als solcher thermisch getrennter Fensterelemente die allgemeine Lebenserfahrung dafür spricht, dass Ursache dafür typischerweise Einbaufehler des Tischlers sind oder wenn nach sachverständigen Feststellungen mit Bauteilöffnungen an typischen Fenstern beim Einbau gleichartiger Fenster unter gleichartigen Einbaubedingungen erhebliche Regelwidrigkeiten bei der Ausbildung bzw. Dämmung der umlaufenden Anschlussfugen zum Baukörper (Klinkerfassade) bzw. der unteren Anschlussfugen zum Baukörper (Wärmedämmverbundfassade) festzustellen sind, so dass nach der Lebenserfahrung diese Regelwidrigkeiten auch an den anderen vom Unternehmer zeitgleich eingebauten Fensterelementen "systematisch" vorhanden sind (OLG Düsseldorf, IBR 2020, 342). Bei mehreren gleich wahrscheinlichen Möglichkeiten als Ursache für einen Schaden scheidet ein Anscheinsbeweis aus (Wassereintritt aufgrund mangelhafter Abdichtung, OLG Frankfurt, IBR 2019, 444).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin

 

 

Obliegenheiten des Versicherungsnehmers bei versteckt mangelhaftem Werk?

1. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers kann zu einem anspruchsmindernden, gegebenenfalls sogar anspruchsausschließenden, Mitverschulden führen, das der Schuldner dem Versicherer entgegenhalten kann.*)
2. Das Abdrehen des Hauptwasserhahns stellt keine Obliegenheit dar, die der Versicherungsnehmer nach dem Verlassen einer Wohnung vornehmen muss, um einem Schaden aus einem Rohrbruch entgegenzuwirken, wenn keinerlei Anhaltspunkte für einen drohenden Schaden bestehen.*)
3. Gegen versteckte mangelhafte Werkleistungen muss ein Versicherungsnehmer keine Vorkehrungen treffen.*)

OLG Celle, Urteil vom 07.04.2021 - 14 U 135/20

BGB § 254 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 631; VVG § 86 Abs. 1 Satz 1

Problem/Sachverhalt

Ein Zahnarzt (Z) beauftragt ein Unternehmen (U), eine Desinfektionsanlage und daran Rohrleitungen zu installieren. Z schließt die Praxis urlaubsbedingt für drei Wochen. Am Wochenende kurz vor Ende des Urlaubs tritt aus einem der Rohre wegen eines von U nicht fachgerecht angebrachten Verbindungsstücks Wasser aus. Z unterhält eine Leitungswasserschäden deckende Inhalts- und Betriebsunterbrechungsversicherung. Der Versicherer (VS) reguliert den Schaden i.H.v. rund 65.000 Euro und regressiert bei U. U meint, dass der VS sich das Mitverschulden des Z, trotz dreiwöchiger Praxisschließung weder die Hauptwasserleitung noch die Wasserzufuhr der Desinfektionsanlage abgesperrt zu haben, anrechnen lassen müsse. Das Landgericht nimmt ein Mitverschulden von 50% an. U meint, die Mithaftungsquote sei höher, der VS meint, es gebe kein Mitverschulden.

Entscheidung

Erfolg hat nur die Berufung des VS. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Z kann den Anspruch mindern oder ausschließen (§ 254 Abs. 1 BGB). Mit dem Forderungsübergang gem. § 86 VVG bleiben dem Schuldner die gegen die Forderung bestehenden Einwendungen erhalten. Eine Obliegenheitsverletzung setzt jedoch voraus, dass der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben die zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden abzuwenden oder zu mindern. Welche Maßnahmen zur Verhinderung eines Wasserschadens zu treffen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, z. B. nach dem Alter der Versorgungsleitungen oder nach der jahreszeitlichen Witterung (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2018 - VII ZR 74/15IBRRS 2018, 0726). Z hat keine Obliegenheit verletzt. Nicht jede denkbare, mögliche oder sinnvolle unterlassene Schutzmaßnahme führt zu einem Mitverschulden. Es gibt keine generelle Pflicht, Leitungen ohne konkreten Anlass einer Generalinspektion zu unterziehen. Schutz- und Obliegenheitspflichten müssen der Vermeidung realistisch drohender Schäden dienen. Danach ist die Forderung, den Hauptwasserhahn bei Verlassen der Praxis zuzusperren, überspannt. Ein solches Verhalten ist weder üblich noch könnte es von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden. So kann auch nicht bei nächtlicher Abwesenheit aus einer Wohnung der Hauptwasserhahn abzusperren sein, um einen Wasserschaden durch einen Rohrbruch auszuschließen. Es gab kein konkretes Risiko eines Rohrbruchs. Das Rohr war neu. Gegen mangelhafte Werkleistungen muss ein Versicherungsnehmer ohnedies keine Vorkehrungen treffen. Es ist keine Obliegenheitsverletzung, dass Z nicht die Wasserzufuhr zur Desinfektionsanlage sperrte. Bei einer sachgerechten Montage wäre das Rohr dauerhaft dicht gewesen. Die ohnehin 30 Jahre alte Rechtsprechung zu Leitungswasserschäden bei Spül- und Waschmaschinen ist nicht übertragbar. Denn bei Spülmaschinen sind die Leitungen lösbar, während das hier verwendete Rohr als unlösbar und dauerhaft dicht gilt und nach Aussage des gerichtlichen Sachverständigen nicht mit einer Schlauchverbindung vergleichbar ist.

Praxishinweis

Eine Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit auf null kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht (BGH, Urteil vom 22.06.2011 - IV ZR 225/10, IBRRS 2011, 2809; OLG Dresden, Beschluss vom 21.11.2019 - 4 U 2082/19). Die Quote, um welche die Versicherungsleistung gekürzt werden kann, hängt vom Einzelfall ab und steht damit in einem ungewissen Umfang im Belieben des Gerichts.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin

 

 

Strenge Wiederherstellungsklausel: Feststellungsantrag ohne Sicherstellung der Wiederherstellung oder Ersatzbeschaffung zulässig?

1.     In der Gebäudeversicherung kann ein Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz der Neuwertspitze auch dann zulässig sein, wenn eine Wiederherstellung oder Ersatzbeschaffung noch nicht sichergestellt ist.*)

2.  Die Berufung des Versicherers auf die Ausschlussfrist ist ausgeschlossen, wenn sich der Versicherer über längere Zeit treuwidrig seiner Leistungspflicht entzieht.*)

 

OLG Dresden, Urteil vom 06.10.2020 – 4 U 2789/19

VVG § 93, AVB § 8

 

Problem/Sachverhalt

Der Versicherungsnehmer (VN) macht aus einer Inhaltsversicherung zum Neuwert aufgrund eines Brandes vom 31.10.2015 noch 61.807,54 € geltend. Die Differenz des Zeitwerts zum Neuwert erhält der VN nur, sobald und soweit er innerhalb von 3 Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um bewegliche Sachen, die zerstört wurden, in gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen. Am 07.12.2015 zahlt VS auf den Inhaltsschaden 10.000,00 € und auf den Gebäudeschaden weitere 25.000,00 € voraus. Nach Schriftverkehr zwischen VS und VN lehnt VS am 09.08.2016 die Regulierung ab. Zur Sicherstellung der Ersatzbeschaffung der beschädigten Sachen schließt VN am 04.01.2019 einen Kaufvertrag ab.

 

Entscheidung

Das OLG weist die Berufung des VN gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil bis auf einen geringen Betrag von 2.430,00 € zurück. Der Feststellungsantrag ist zwar zulässig. Es kommt nicht darauf an, ob VN die Ersatzbeschaffung bereits sichergestellt hat. Für die Frage nach der Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses ist nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung abzustellen. Entscheidend ist, dass nach dem unstreitigen Eintritt des Versicherungsfalls die Grundlagen des Anspruchs gegeben sind. VN steht gegen VS jedoch kein Anspruch auf Zahlung der Neuwertspitze zu. Denn er hat die Neuanschaffung der zerstörten Gegenstände nicht innerhalb der in vereinbarten strengen Wiederherstellungsklausel geregelten Frist von 3 Jahren sichergestellt (31.10.2015 Tag des Schadensfalles, 04.01.2019 Auftragsbestätigung für Neuanschaffung). Es liegt auch kein Fall gemäß dem Leitsatz 2 vor. VS hat den Schaden nicht bestritten und unmittelbar nach Schadenseintritt einen Vorschuss in Höhe von 10.000,00 € bezahlt. VN hätte die Ersatzbeschaffung innerhalb der 3 Jahresfrist sicherstellen können, nachdem VS sich geweigert hatte, weitere Zahlungen zu leisten. Mit dem Betrag von 10.000,00 € hätte VN auch eine teilweise Wiederbeschaffung leisten können. VN kann sich nicht darauf berufen, dass er die Gegenstände nicht habe unterbringen können, weil das Gebäude nicht saniert worden sei; das hat nicht VS zu vertreten. Danach besteht lediglich ein Anspruch auf Erstattung des Zeitwertschadens.

 

Praxishinweis

Das OLG Köln (Beschl. v. 12.3.2018 – 9 W 7/18) wäre, vom OLG Dresden erkannt, anderer Ansicht gewesen und hätte den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Danach ist für die Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung entscheidend. Für den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung kommt es auf die Sicherstellung der Wiederbeschaffung an. In § 93 S. 1 VVG, lediglich eine Auslegungsregel für unklare Versicherungsbedingungen, heißt es zwar, der Restbetrag könne bei Sicherstellung „verlangt“ werden; dort ist also nicht die Entstehung, sondern die Fälligkeit des Anspruchs geregelt. In den üblichen AVB´s und so auch hier ist jedoch geregelt, dass VN den Anspruch „nur erwirbt“, soweit und sobald er die Ersatzbeschaffung sichergestellt hat.

 

gez. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau-, Architekten- und Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin

 

 

Beweislastverteilung in der Gebäudeversicherung

 

1.  Die Beweislast für eine arglistige Obliegenheitsverletzung trägt der Versicherer; der Versicherungsnehmer, dessen Kenntnis von einem mitteilungspflichtigen Umstand bewiesen ist, trägt hingegen die Beweislast für einen nachträglichen Wegfall dieser Kenntnis.*)

2.  Der dem Versicherungsnehmer obliegende Beweis mangelnder Ursächlichkeit einer Obliegenheitsverletzung erfordert, dass der Versicherungsnehmer die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten sowie die weitergehenden Behauptungen des Versicherers ausräumt. Der Versicherer muss im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast allerdings die konkrete Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses aufzeigen.*)

 

OLG Dresden, Urteil vom 06.10.2020 – 4 U 2789/19

VVG § 28 Abs. 4

 

Problem/Sachverhalt

Der Versicherungsnehmer (VN) verlangt für ein den durch einen Brand beschädigten Gebäudeinhalt 61.807,54 €. Am 09.08.2016 lehnt der Versicherer (VS) eine Regulierung wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungspflicht ab. Das LG weist die Klage des VN ab, da VN seiner Auskunftsobliegenheit vorsätzlich nicht nachgekommen sei; er habe keine Schadensaufstellung mit genauer Bezeichnung der Gegenstände, des Anschaffungspreises und -jahres vorgelegt. VN erklärt, am 22.07.2016 eine Aufstellung an die von VS bevollmächtigte Versicherungsmaklerin übersandt zu haben, z.T. habe er keine Belege gehabt, z.T. er habe nicht gewusst, dass er die Unterlagen noch habe beschaffen können, im Übrigen seien Anschaffungsbelege nicht mehr vorhanden.

 

Entscheidung

Das OLG weist die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil bis auf einen geringen Zeitwertbetrag von 2.430,00 € zurück. In Höhe des Zeitwertes ist der Anspruch des VN nicht aufgrund einer Obliegenheitsverletzung ausgeschlossen, auch, wenn VN Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag verletzt hat, indem er VS nicht die von diesem verlangten Auskünfte erteilte. VN wäre hierzu verpflichtet gewesen, soweit ihm dies möglich gewesen wäre. Insoweit handelte VN jedenfalls grob fahrlässig. Wenn VN von einem mitteilungspflichtigen Umstand einmal Kenntnis hatte, wird das Fortbestehen der Kenntnis zum Zeitpunkt der streitigen Aufklärungspflichtverletzung vermutet, mit der Folge, dass VN nach dem Motto „einmal gewusst – immer gewusst“ das Entfallen der einmal vorhanden gewesenen Kenntnis zu beweisen hat. Arglist kann VS nicht beweisen. VS hat keinen Anspruch darauf, eine Vollmacht zur Einholung von Auskünften beim Bau- oder Jugendamt zu erhalten. Eine Leistungskürzung kommt trotz der grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung nicht in Betracht, da VN nachweist, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt noch für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Mehr als im 2. Leitsatz ausgeführt kann vom VN nicht verlangt werden. VS muss dann die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen. Daran fehlt es. Es liegt schließlich keine Gefahrerhöhung vor. Der bloße Leerstand eines Gebäudes führt nicht zu einer Erhöhung der Brandgefahr.

 

Praxishinweis

Obliegenheiten begründen für den VN Anzeige-, Mitteilungs-, Auskunfts-, Aufklärungs- und sonstige Verhaltenspflichten, von deren Einhaltung der Anspruch auf Versicherungsschutz abhängen kann. Sie sind weder einklagbar noch führen sie zu Schadensersatzansprüchen. Der VN muss sie vielmehr im eigenen Interesse erfüllen, um die Versicherungsleistung zu erhalten. Entgegen allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen bei Rechtspflichten hat nicht der VN die Erfüllung der Obliegenheit, sondern der VS deren Verletzung zu beweisen.

 

gez. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau-, Architekten- und Versicherungsrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin

 

 

Wann tritt der Versicherungsfall bei "Rohrbruch" ein?

Gewährt ein Vertrag über eine Gebäudeversicherung Versicherungsschutz für den Fall des "Rohrbruchs", d. h. "für ein meist punktuelles Ereignis" (BGH, IBR 2017, 709), tritt der Versicherungsfall nicht erst mit Auftreten oder Sichtbarwerden durch den Rohrbruch hervorgerufener Wasserschäden ein, sondern bereits mit der Schädigung des Rohrs, die zum Wasseraustritt geführt hat. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass diese Schädigung schon vor Abschluss des Vertrags vorlag, muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass der Versicherungsfall in den Haftungszeitraum fällt.*)

OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2018 - 5 U 4/18

VGB §§ 1, 4, 6; VVG § 1

Problem/Sachverhalt

Der Versicherungsnehmer (VN) und der Versicherer (VS) einer Wohngebäudeversicherung streiten um einen Rohrbruchschaden i.H.v. 5.831 Euro. Versicherungsbeginn war der 01.01.1975. Das Haus war bereits zuvor erbaut worden. Versicherte Gefahren sind "Leitungswasser, Rohrbruch und Frost" nach Maßgabe der dem Vertrag zu Grunde liegenden VGB. Diese lauten u. a.: "Der Versicherungsfall tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt." Am 03.01.2013 tritt Wasser in den Keller des Gebäudes ein. Der VN lässt den Schaden vom 07. bis 10.01.2013 und vor einer Besichtigung durch den VS beseitigen und behauptet einen Rohrbruch als Ursache. Das Rohr beseitigt er nach Besichtigung durch den Schadenregulierer. Der VS bestreitet einen Rohrbruchschaden. Der vom Schadenregulierer fotografierte Schaden am Rohr sei erst beim Aufstemmen des Fußbodens entstanden.

Entscheidung

Die Klage wird abgewiesen. Zwar liegt ein bedingungsgemäßer Rohrbruch vor, da das Rohr innerhalb des Bereichs zwischen den Fundamentmauern liegt (BGH, Urteil vom 25.03.1998 - IV ZR 137/97, IBRRS 2000, 0650) und nach dem Foto des Schadenregulierers ein Wandungsteil fehlt, was gemäß Schadenskatalog der DIN 1986-30 als Indiz eines Rohrbruchs anerkannt ist. Der Schaden am Rohr kann nicht beim Aufstemmen entstanden sein. Der VN hat jedoch nicht bewiesen, dass der Versicherungsfall in versicherter Zeit entstand. Ein Versicherungsfall tritt bereits dann ein, wenn sich die nach den Versicherungsbedingungen versicherte Gefahr realisiert hat (BGH, Urteil vom 26.03.1952 - II ZR 37/51), also nicht erst mit Eintritt des Schadens. Die Rohrbruchversicherung gewährt nach Maßgabe der Bedingungen Versicherungsschutz für den Fall des "Rohrbruchs" und damit "für ein meist punktuelles Ereignis". Der Versicherungsfall tritt bereits ein, wenn sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt, hier also bereits mit der Schädigung des Rohrs, die zum Wasseraustritt geführt hat. Der VN hat nicht bewiesen, dass die Schädigung des Rohrs erst nach Versicherungsbeginn entstand. Der gerichtliche Sachverständige führte aus, dass der von ihm festgestellte Rohrbruch bereits seit der Errichtung des Gebäudes bestand, jedoch Wasser erst 2013 austrat.

Praxishinweis

Der VN bleibt hier auf dem Schaden sitzen und hätte dies nicht vermeiden können. Niemand schließt eine Gebäudeversicherung vor der Errichtung seines Gebäudes ab. Ansprüche gegen den Installateur waren lange verjährt. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Einordnung des Rohrbruchs als ein "punktuelles" Ereignis hat der BGH erst kürzlich betont (IBR 2017, 709). Dass der Versicherungsfall in versicherter Zeit eingetreten sein und der VN dies beweisen muss, ist ein allgemeiner Grundsatz, der in der Rechtsprechung seit Langem anerkannt ist.

RA und FA für Bau- und Architekten- sowie Versicherungsrechtrecht Dr. Jörg Schmidt, Schwerin